Tag Archiv für Skeptisches

Anita Sarkeesian: Wie echt sind die Morddrohungen auf Twitter?

Tweetliste mit Drohungen.

Tweetliste mit Drohungen (Bildschirmfoto).

Die Spiegel-Onlineautorin Katrin Gottschalk, ihres Zeichens Feministin und Chefredakteurin vom „Missy Magazine“ verbreitet in einem Artikel vollkommen unreflektiert die Behauptung, daß die feministische Videospiel-Kritikerin Anita Sarkeesian (feminist frequency) auf Grund ihrer Kritik an dem weiblichen Rollenbild in Videospielen Morddrohungen erhielte.

Dann erreichten die Drohungen einen neuen, erschreckenden Höhepunkt. Vergangenen Mittwoch veröffentlichte Sarkeesian einen Auszug aus den Nachrichten, die sie in den vergangenen Tagen bekommen hatte: „Ich werde in deine Wohnung kommen und dich zu Tode vergewaltigen.“ Sie hat die Behörden informiert und ihr Haus verlassen. Jetzt sei sie „in Sicherheit“. Die Drohungen und Belästigungen dauerten aber an, sagt sie, und sie beträfen nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Familie. Sarkeesian spricht von „Terrorismus“.

Mit dieser Aussage bezieht sie sich auf diesen Tweet von Anita Sarkeesian, dem ein Bildschirmfoto des Twitteres Kevin Dobson (@kdobbsz), dessen Konto inzwischen von Twitter stillgelegt wurde, als Beweis für die Drohungen anhängt ist:

Bei näherer Betrachtung kommen allerdings erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Geschichte auf. Weiterlesen

Sollen wir im Irak eingreifen?

Vieles, nicht alles, von dem was derzeit in der Region Syrien und Irak passiert haben wir dem Einmarsch der Amerikaner unter dem Vorwand der Massenvernichtungswaffen zu verdanken. Die Sache ist geschehen und nicht mehr rückgängig zu machen, insofern ist es müßig über die Schuldfrage zu lamentieren. Die Situation ist wie sie ist. Sie ist der Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen und die Schuldfrage in der Praxis momentan schlicht irrelevant.

Saddam Husseïn war mitnichten ein friedfertiger Waisenknabe, aber es war zu seiner Zeit deutlich ruhiger und sicherer als heute, was mit Sicherheit auch daran lag, daß er areligiös orientiert war und dsbzgl. alle gleich schlecht behandelt hat. Die Ursache seines brutalen Vorgehens gegen die Kurden lag in deren Seggregationsbestrebungen. Ein Umstand der ihnen bis heute auch das Mißtrauen der türkischen und iranischen Regierung einbringt. Obwohl es wahrscheinlich wirklich das Vernünftigste wäre, sich aus Teilen der Türkei, Syrien, Irak und des Iran einen eigenständigen Kurdenstaat formen zu lassen, nur das dort eben viele regieren, mit Ausnahme der Vernunft. Ich persönlich bin im Gegensatz zu Außenminister Steinmeier nicht der Meinung, daß dies mittel- bis langfristig die Region weiter destabiliseren würde und kurzfristig kann es dort eigentlich nicht viel instabiler werden. Die Anrainerstaaten müssten allerdings nicht nur ihren Nationalismus überwinden, um neue Grenzziehungen zu erlauben und genau daran würde es scheitern. Außerdem habe ich den Eindruck, daß Steinmeier versucht dem NATO-Mitglied Türkei nach dem Mund zu reden. Weiterlesen

Unsinn 1. und 2. Art

Vor gut zwei Monaten hatte ich auf die von der Berliner Ärztekammer mit acht Punkten vergütete Fortbildunsveranstaltung unter dem Titel „Einführung in die Sehgal-Methode“, auch gemütsorientierte Homöopathie genannt, hingewiesen. Jetzt erreicht mich die Nachricht, daß die Berliner Ärztekammer ihr Auswahlverfahren für diese Veranstaltungen zumindest etwas verändern will.

[…] Gleichwohl zeigte uns die kammerinterne Diskussion des Veranstaltungsangebotes, die wir im Gefolge Ihrer E-Mail geführt haben, dass wir uns hierbei zuweilen in Grenzbereichen der Homöopathie befinden, die beispielsweise eine Teil-Anerkennung ausgewählter Veranstaltungsabschnitte (also keine vollständige Anerkennung eines Gesamt-Veranstaltungsangebotes) oder auch eine Nicht-Anerkennung von Fortbildungspunkten rechtfertigen könnten. Insoweit beachten wir Ihren kritischen Hinweis gern im Hinblick auf die künftige Bearbeitung verwandter Anträge auf Fortbildungszertifizierung zur Sehgal-Methode, die wir mit der zusätzlichen Einholung eines externen Expertenvotums hinsichtlich der jeweiligen Anerkennungsfähigkeit von Fortbildungspunkten verbinden werden.

Momentan weiß ich noch so recht wie ich das bewerten soll. Zunächst kann man es als kleinen Teilerfolg ansehen, daß überhaupt eine Reaktion erfolgt ist, eine kammerinterne Diskussion des Problems angeregt wurde und man gewillt scheint, wenigstens ein externes Expertenvotum einzuholen, bevor ein entsprechender Fortbildungsvorschlag als Fortbildung anerkannt wird. Auch das Novum von der möglichen Teilanerkennung einer Fortbildunsveranstaltung ist erwähnenswert. Weiterlesen

Wir sind das Volk! … und der größte Zensor

Mal wieder ein wuderschönes Beispiel wie wenig Meinungsfreiheit von bestimmten Kreisen akzeptiert wird. Die 19-jährige Texanerin Kendall Jones postet, wie viele andere auch, Fotos zu ihrem Hobby auf ihrer Facebookseite. Allerdings geht sie einer weniger alltäglichen Freizeitbeschäftigung nach: Der Großwildjagd in Afrika (Welt, Focus). Sie betreibt ein hochumstrittenes, hochemotionales und ausgesprochen teures aber vollkommen legales Hobby. Daher hat sie auch das Recht darüber zu berichten. Dennoch bricht nicht nur ein Sturm der Entrüstung los, sondern über eine viertel Million Menschen hat bereits eine Petition an Mark Zuckerberg zur Löschung der Facebookseite unterzeichnet. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren ob Jagd im Allgemeinen und Großwildjagd im Besonderen sein muss und sein darf, insbesondere nur um der Trophäen Willen, aber darum geht es im Grunde gar nicht. Es geht bei der Seitenlöschung um die Unterdrückung unliebsamer Meinungen und anderer Lebensentwürfe. Wenn man an der Großwildjagd etwas ändern will, muss man die Staaten angehen, die die Lizenzen zum Abschuss erteilen, aber das dauert und es ist viel einfacher mit ein paar Klicks Morddrohungen gegen den Jäger auszustoßen. Eine gelöschte Webseite, macht ein mögliches Problem unsichtbar, beseitigt es aber nicht. Weiterlesen

Ein Quäntchen Verstand bitte

Letztes Wochendene bin ich in die Wunderwelt des Umweltfestivals vor dem Brandenburger Tor in Berlin eingetaucht. Gefühlsmäßig erschien mir der diesjährige Schwerpunkt auf Dihydrogenmonoxid, gemeinhin auch als Wasser bezeichnet, zu liegen. Wenn man den diversen Anbietern von Filtersystemen glauben schenken darf, quellen aus bundesrepublikanischen Wasserhähnen alle Übel dieser Welt. Und an jedem filterfreien Tag drehen wir erneut den Hahn der Pandora auf.

Da werden Filtersysteme angeboten, die das Trinkwasser von Mineralien, Medikamentenrückständen, Hormonen, Chemikalien Pestidziden und weiß der Geier was noch alles befreien, aber lebenswichtige Mineralien im Wasser belassen. Bei der Homöopathie werden beim Potenzieren, vulgo verdünnen bis nichts mehr drin ist, dem Wasser angeblich nur die „Schwingungen“ aufgedrückt, die eine positive Wirkung auf den den menschlichen Organismus haben. Hier sind es nun die Wasserfilter, die hochselektiv nur die Stoffe durchlassen, die dem menschlichen Körper von Nutzen sind. Die Natur ist schon intelligent und kümmert sich geradezu herzzereißend um uns Menschen.

Mich überrascht immer wieder die kognitive Dissonanz ausgeprägter Grünlinge. Einerseits werden sie von einer fulminanten Wissenschafts- und Technikfeindlichkeit, wenn nicht sogar -paranoia, beherrscht, auf der anderen Seite werden aber die angeblich schädlichen Folgen wiederum mit vorgeblich hochtechnischen Produkten versucht zu bekämpfen. Weiterlesen

Stellungnahme des Senats zum Homöopathie-Studiengang

Wie bereits hier angedeutet, ist mit dem Rückzug der Genehmigung durch die Steinbeis-Hochschule in Berlin (SHB) für den Homöopathie-Studiengang bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBJW) der Fall Traunstein nicht erledigt. Zu dieser Zeit waren noch Anträge auf Akteneinsicht anhängig, denen inzwischen — allerdings erst nach Androhung von Dienstaufsichtsbeschwerden — stattgegeben wurde. Das Ergebnis der Akteneinsicht findet sich im Blog Beweisaufnahme Homöopathie. Parallel dazu gab es ein Schreiben mit einem Fragenkatalog u.a. an die wissenschaftspolitischen Sprecher der Parteien im Abgeordnetenhaus von Berlin. Weiterlesen

Unsinn mit p-Werten

Der Vortrag von Dr. Michael Frass zu den angeblichen Vorteilen einer begleitenden Therapie mit Homöopathie war hier bereits zweimal Thema (Teil 1, Teil 2). Heute nun geht es um eine Tabelle mit p-Werten aus dem Vergleich der Gruppen mit und ohne begleitende homöopathische Therapie.

Exkurs p-Wert

An der Stelle zunächst ein kurzer Exkurs zur Bedeutung des p-Wertes in der Statistik. Ganz allgemein formuliert ist die Idee hinter dem p-Wert der Versuch, eine Maßzahl zu erhalten, die angibt ob die erhaltenen Ergebnisse auch durch Zufall entstanden sein könnten. Da es sich bei ihm um eine Wahrscheinlichkeit — daher p, probability — handelt kann er nur Werte zwischen 0 und 1 annehmen.

Um zum p-Wert zu gelangen, wird das Gegenteil dessen angenommen, was es nachzuweisen gilt. Diese Annahme wird als Nullhypothese bezeichnet. Bei klinischen Studien zum Wirksamkeitsnachweis einer Behandlungsmethode lautet daher die Nullhypothese, daß es zwischen den Gruppen keinen Unterschied gibt. Zeigt sich entgegen der Nullhypothese ein Unterschied zwischen den Gruppen, wird unter Annhame der Gültigkeit der Nullhyptohese die Wahrscheinlichkeit berechnet, mit der die Untersuchungsergebnisse auch durch Zuffall entstanden sein könnten. Diese Wahrscheinlichkeit wird in der Statistik als p-Wert bezeichnet. Je näher der p-Wert bei Null liegt, desto unwahrscheinlicher ist es, daß die Nullhypothese zutrifft. Bezogen auf die Nullhypothese besagt ein p-Wert von 0,05 (5%), daß bei Durchführung von 20 Experimenten eines durch Zufall zu dem erhaltenen Ergebnis führen könnte. Ein p-Wert von 0,05 (5%) gilt nach allgmeinem Konsens als signifikant, einer von 0,01 (1%) als stark signifikant. Weiterlesen

Lebenszeitverlängerung durch Homöopathie (Teil 2)

Ich habe inzwischen mal die zum Vortrag von Dr. Frass passende Veröffentlichung [1] quergelesen. Ausgangspunkt der retrospektiven Studie bilden die Krankenakten von 538 Tumorpatienten aus den Jahren 2004-2008 des Uniklinikums Wien, als Gruppe 1 bezeichnet. Von diesen wurden die ausgewählt, die in der Zeit neben der konventionellen Krebstherapie mindestens drei homöopathische Behandlungen hatten. Übrig blieben 287 Patienten, die als Gruppe 2 bezeichnet werden. Davon wurden alle Patienten mit fataler Diagnose, aber unter Ausschluss von Kindern und Patienten mit unvollständigen Daten, ausgewählt. Außerdem mussten zu jeder Tumorart mindestens Daten von fünf Patienten vorliegen. Die hiernach verbliebenen 54 Patienten bilden die Gruppe 3.

Welche Bedeutung kommt der Gruppeneinteilung zu? Keine! Es handelt sich dabei auch nicht um eigenständige Gruppen, sondern um voneinander abgeleitete Teilmengen. Es werden zwar ein paar statistische Daten, wie z.B. der Altersdurchschnitt, berechnet, jedoch haben diese keine Ausagekraft, da die Patienten im Verlauf der Studie nicht mehr auftauchen. Untersuchungsgegenstand sind nur die Daten der 54 Patienten aus Gruppe 3, verteilt auf 6 verschiedene maligne Erkrankungen. Wobei für die Auswertung das Lugenkarzinom in zwei Untergruppen, mit 7 und 3 Patienten (man hat keine Scheu Statistik mit drei Meßpunkten zu treiben!) aufgeteilt wird, die in der Präsentation aber wieder zusammengefasst werden. Weiterlesen

Lebenszeitverlängerung durch Homöopathie

Auffallend in den letzten Jahren ist die Hinwendung der Homöopathen zu ernsthaften Erkrankungen, bei denen eine Fehlbehandlung gravierende Folgen für den Patienten hat. So auch Prof. Dr. med. Michael Frass von der Universität Wien. Auf der Tagung „Science meets Homoeopathy in Berlin“ veranstaltet von Dr. med. Irene Schlingensiepen. Als Gastredner auf der Abendveranstaltung „Homöopathie für Skeptiker“ am 7. März (siehe auch „Der homöopathische Tischler“) stellte Dr. Frass seine „Studienergebnisse“ zum Befinden von Krebspatienten mit und ohne homöopathische Begleitbehandlung vor¹. Dort zeigte er dem Laienpublikum u.a. Grafiken zur Lebenserwartung von Bronchialkrazinom- und Glioblatompatienten, ohne diese jedoch intensiv zu erläutern. Seine Darstellungen kann man nur noch als perfide Manipulation bezeichnen. Weiterlesen

Der homöopathische Tischler

Am 7. und 8 März fand in der Urania in Berlin die Veranstaltung „Science meets Homoeopathy in Berlin“ von und mit Dr. med. Irene Schlingensiepen statt. Im Rahmen des Vortrages „Homöopathie für Skeptiker“ versuchte sie in der Abendveranstaltung ihr Verständnis der Wirkungsweise von Homöopathie an den Mann zu bringen (und natürlich ihr gleichnahmiges Buch). Der Saal mit 121 Sitzplätzen war mit rd. 110 Besuchern (die meisten im fortgeschrittenen Alter), davon 37 Männer inkl. mir und dem Urania-Tontechniker, gut gefüllt.

Um die Wirkungsweise der Homöopathie zu erklären, wählte sie ein Schaubild mit dem Titel „Information kann den Träger wechseln ohne ihre Bedeutung zu verlieren“, welches einen Mann zeigt der sich einen Tisch gedanklich vorstellt, daraufhin von diesem eine Skizze auf Papier anfertigt und über eine Satellitenleitung an einen Tischler faxt, der dann den Tisch anfertigt. Ein wunderbar einfaches und eingängiges Bild — und genauso falsch! Weiterlesen